top of page

Liebe Michelle

  • Vera Rieger
  • 8. Mai 2024
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 3. Juni 2024

Danke fürs Stressen, das wollte ich ja! 

 

Dein letzter Brief hat bei mir gemischte Gefühle hinterlassen. Einerseits habe ich mich sehr gefreut für dich und fand es wunderschön, wie du über das Grosse-Schwestern-sein geschrieben hast. Auch wenn es nur ein paar Zeilen waren. Andererseits wurde ich neidisch. Auf eure Geschwisterbeziehung vielleicht ein bisschen. Aber vor allem, weil ich mir stets dachte 'Wie schafft sie das alles?' 35 Bücher dieses Jahr, sorry aber wtf, das viele Stricken, Uni, Pfadi, Handball, Musik hören und Dinge schauen, so viel mit dem Bruder telefonieren, eine Beziehung führen, Menschen treffen u.s.w. Ich weiss, dass es mega blöd ist von mir, aber in dem Moment habe ich gemerkt, dass ich mich nicht mit dir vergleichen darf. Nicht so im grossen Ganzen, das würde ich nicht, aber mehr so bei den kleinen Sachen. Aber es inspiriert mich auch sehr. 

 

Ich werde auch nicht ausführlicher über meine Rolle als grosse Schwester schreiben. Das wäre zu kompliziert. Es ist eine Rolle, bei der ich nicht immer weiss, ob ich ihr gerecht werde. Mein Bruder und ich waren nie so nahe wie ihr zwei und das liegt bestimmt am grösseren Altersabstand (4.5 Jahre), aber auch an anderen Familienfaktoren. Ich bekam gar nie die Möglichkeit, eine beschützende grosse Schwester zu sein. Zudem bin ich von zuhause ausgezogen, als er 14 Jahre alt war. Da habe ich schon einiges verpasst, bzw. nur aus der Ferne mitgekriegt. Es gibt Momente, in denen ich mir dafür ein schlechtes Gewissen mache. Aber ich weiss auch, dass er es versteht. Das Schöne ist, dass wir jetzt mehr Dinge zusammen machen. Ich glaube, unsere Beziehung wird sich noch festigen. Aber gewisse Beschützerinstinkte kann ich natürlich schon auch nachfühlen, man ist auch immer sehr darauf bedacht, wie andere Leute vom kleinen Bruder reden zum Beispiel und es ist mir sehr wichtig, wie es ihm geht. Ich fühle auch Stolz und so. Früher war ich eher dominant und konnte auch mal extra verletzende Worte sagen, du wahrscheinlich auch, oder? 

 

Heute hatte er seine zweite Maturprüfung (Baby) und wir waren danach zusammen essen. Da hat er auch gemeint, dass er unsere Briefe nicht mehr liest, da sie zu umfangreich sind. (und zu oft, he?) Deswegen möchte ich heute einfach kleine Alltagsanekdoten aufzählen. Die letzten zwei Tage waren etwas komisch, mehr schaff ich deswegen nicht. 

 

-- Meine Therapeutin und ich ranten gemeinsam viel zu lange über Badezimmer ohne Fenster. (richtiger Scheiss) Das mag banal klingen, aber sie meinte, es sei ernst zu nehmen. Es sei ein Grund, nicht aufstehen zu wollen am Morgen und für allgemeines Unwohlsein in der Wohnung. Gelacht haben wir trotzdem. Ich mag sie etwas zu sehr. 

 

-- Ich war an der SoLa - Staffette und habe gemerkt, dass es schon cool ist, so eine angeborene Grundfitness zu haben für die ich nicht so viel machen muss. Kleiner flex und danke an Gott für diesen Körper. 

 

-- Eine Kommilitonin (lol) erzählt mir, dass sie auf hinge nach sugar daddies sucht. Ich dachte, es sei ein Witz, aber sie meinte es völlig ernst. Sie brauche Geld. Auf meine Nachfrage meinte sie, dass die nicht unbedingt erwarten, dass man mit ihnen schläft. Ich muss dem echt nachgehen, das ist mir suspekt. 

 

-- Ich spiele jetzt seit zwei Wochen offiziell Rugby, habe aber noch nie richtig Rugby gespielt, was schon etwas komisch ist. Im Training wird nie die Ernstsituation erpropt. 

 

-- Mai ist einfach toll, da es so lange hell ist. Gleichzeitig habe ich etwas Lichtfomo. Jetzt muss nur noch das Wetter besser werden. Bald habe ich Geburtstag :) 

 

-- Wir sitzen am Geburtstag unserer Freundin gemeinsam am Mittagstisch und essen die Muffins, die du gemacht hast. Ihr Freund kommt und wir spielen 10 Minuten Wikiracing von Palästina bis Kondom, Ameisenbär bis Lithium und Kerze bis Feldschlösschen. Du bist viel zu gut in dem Spiel. Schöner Moment aber. 

 

-- Ich steige aus dem Bus aus, mein Anschlussbus steht schon dort. Ich renne. Der vorherige Bus hupt, um dem anderen Busfahrer zu zeigen, dass er warten soll. Der Anschlussbus, der schon ein Meter gefahren ist, bleibt stehen und lässt mich noch rein. Noch nie war das Universum so sehr auf meiner Seite. Noch nie habe ich so viel Bussolidarität erfahren. 

 

Nun zu den Kategorien: (teils von F., da ich keine Inspiration habe) 

 

Etwas zum Glotzen: the mentalist. 

 

Etwas zum Essen: einfach mediteran. Feta, Oliven, Bulgursalat, Tomaten u.s.w. Ein Freund hat vor dem ersten Mai ganz lecker für mich gekocht. 

 

Etwas zum Lesen: Babas Schweigen von Özlem Çimen. Bin noch nicht ganz fertig, aber das war eine schöne Empfehlung von dir, danke. Ich mag die Welt, die sie kreiert und habe was gelernt. 

 

Etwas zum Hören: Symphonieorchester Aescheplatz von Diefflieger, vom neuen Album Vollmond, seit heute auf Spotify. Check it out, sag ich ehrlich. 

 

Okay bye, ich sollte noch Dinge nachliefern natürlich. Sollte ich vielleicht mal machen.

 

Alles liebe und bis bald 

 

Vera 

 

 
 
 

Kommentare


bottom of page