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Liebe Vera

  • Michelle Harnisch
  • 4. Dez. 2024
  • 5 Min. Lesezeit

Ich schreibe den Brief wieder einmal zu spät, dafür nach meinem Geburtstag. So kann ich dir wenigstens erklären, wie ich den Tag verbracht habe. Zuerst aber noch zwei Nachtrage zum Schnee, die ich in meinen Notizen festgehalten habe. Geschrieben habe ich zuerst nur das: SCHNEEFLOCKEN IN DEN WIMPERN HABEN! Also das ist die ganze iPhone-Notiz, lol. Denn ist das nicht eines der besten Gefühle? Wenn alles so ruhig ist, weil dieser Dämpfer über allem liegt und man durch den Schnee stapft und die Schuhe einige Zentimeter absinken. Es schneit und man wird nass, aber es ist ein gutes nass, denn es ist Schnee und kein Regen. Und man hat Schneeflocken in den Wimpern, die hängen bleiben. All diese ganz einzigartigen Formen, die einem wortwörtlich im Gesicht kleben. Wie toll ist das bitte? Was für ein schönes Bild! Aufgeschrieben habe ich auch noch Folgendes:

 

Donnerstag, 21. November 2024

Ich bin gerade 55 Minuten nach Hause gelaufen nach dem Training, weil alle Trams ausgefallen sind. Dieser Spaziergang für eine Trainingseinheit im Kraftraum, die ich auch zuhause hätte machen können. Iconic. Es ist 23.56 Uhr und endlich bin ich daheim. Und ich rauche auf dem Balkon und der Himmel ist so rot und es ist so hell, obwohl es beinahe Mitternacht ist, und es ist gar nicht so schlimm, sind meine Füsse nass und meine Bänder jetzt etwas angeschwollen. Tant pis, wie du so gerne sagst, weil es schneit und es sieht gerade alles so schön aus, und auf dem Balkon schmelzen die Schneeflocken in meinen Wimpern. Sie tropfen auf meinen Schoss, und obwohl ich friere, geniesse ich den Moment irgendwie. Emmy Hennings beschreibt den Moment, als sie aus dem Kölner Bahnhof tritt und den Dom erblickt wie folgt: «Schönes floß ineinander, und ich verlangte einen Augenblick nichts anderes.» Vielleicht spüre ich gerade etwas Ähnliches.

 

So viel zu meiner Schnee-Euphorie, die schon wieder mit dem Schnee gemeinsam weggeschmolzen ist. In der Zwischenzeit hatten wir wieder 12 Grad, dann wieder 1 Grad, es wird also ein solcher Winter. Vielleicht sollte ich mich einfach daran gewöhnen und aufhören damit, immer auf Schnee zu hoffen. Jedes Jahr bin ich aufs Neue etwas enttäuscht, wenn wir nur zwei, drei Schneetage bekommen. Aber so kann ich wenigstens immer noch mit dem Velo durch die Stadt düsen und muss mich nicht mit verspätetem ÖV rumschlagen. (Ich möchte mich hier nicht dem breiten ÖV-im-Winter-Hate anschliessen, denn ich finde es meistens ziemlich entschleunigend, wenn alle kurz innehalten müssen, und etwas umstrukturieren müssen, weil plötzlich keine Trams mehr fahren. Aber das sage ich auch als Person, die selten wirklich dringend irgendwo sein muss.)

 

In der letzten Woche ist viel passiert. Schönes, wie dass unser Team für einen halben Tag auf Platz eins der Tabelle stand (weil das Team, das sonst immer vor uns ist, kurz einen Match und darum auch zwei Punkte weniger hatte). Es fühlte sich zwar etwas komisch an, denn sobald man verletzt ist, fühlt es sich immer so an, als wäre man nicht mehr so richtig Teil des Teams. Auch wenn alle versuchen, einen zu integrieren. Man ist halt trotzdem nicht auf dem Feld und auch nicht in der Garderobe und hat irgendwie nichts zum Spiel beigetragen. Aber ich habe mich trotzdem sehr gefreut. Vielleicht schaffen wir es ja nochmals für etwas länger als einen Tag. Holz aalänge!


Dann gab es auch peinlichere Momente, wie zum Beispiel, als ich letzten Dienstag in der Physiotherapie geweint und meinen Physio hart überfordert habe, weil er mir sagen musste, dass ich dieses Jahr sicher keinen Match mehr spielen und wahrscheinlich auch erst im Januar wieder trainieren sollte. Es war ein kurzer Tiefpunkt – ich hab PMSt wie schon lange nicht mehr, war auch sonst etwas durcheinander, darum alles okay. Aber war schon ziemlich peinlich. Um viertel nach 8 in der Physio weinen stand nicht unbedingt auf meiner To-Do Liste, aber auch hier: tant pis. Passiert halt.

 

Das Highlight der Woche war dann nicht einmal mein Geburtstag selber (der war am Montag), sondern der Sonntag davor. Ich habe Freund*innen zum Brunch eingeladen, habe wieder einmal ziemlich alle mir wichtigen Leute auf einem Haufen gehabt und habe es sehr genossen. Ich fand die Stimmung sehr schön, glaube, auch die meisten dort konnten es geniessen. Abends sind wir dann mit meinem Vater, meiner Stiefmutter, meinem Stiefbruder, meinem Bruder und S. essen gegangen, was auch sehr schön war. Ein voller Sonntag zwar, aber doch sehr kräftigend und sehr wunderbar. Der Geburtstag selbst war auch sehr schön. Und auch wenn Geschenke nicht wichtig sind, habe ich doch viele bedachte, herzige Dinge bekommen, was mich schon auch sehr gefreut hat. Eines der herzigsten war das von F. Also deinem F. Er hat mir eine Karte gezeichnet mit meinen Figuren drauf! Meinen Figuren, die bis jetzt praktisch niemand kennt, die bisher allein mir gehörten und nur in meinem Kopf und verschiedenen Word-Dokumenten existieren. Wie cool ist das denn bitteschön? Du und F. seid die Einzigen, die bisher in die aktuellste Version meines Romans reinlesen durften und dann meine erste Fanart von ihm zu bekommen, war sehr besonders. Danke nochmals, falls du das liest, F.

 

Heute Abend war ich dann noch bei zwei Spielen der Handball-EM – einige der Vorrundenspiele waren in Basel. Wir waren eine 10er-Gruppe aus dem Team und es war richtig wild. Das erste Spiel war Färöer gegen Dänemark (Dänemark hat 33:24 gewonnen, was irgendwie klar war). Die Färöerinnen hatten einen krassen Fanblock, so eine Kurve mit Trommeln und alle mit angemaltem Gesicht und Fahnen, was mich irgendwie sehr berührt hat. Hat gezeigt, wie es sein könnte, wenn auch in der Schweiz der Frauen-Handball (generell der Handball) wichtiger wäre. Danach hat die Schweiz gegen Kroatien gespielt und 26:22 gewonnen und auch das war sehr cool. Ich habe mich ziemlich heiser geschrien und bin sehr glücklich mit dem Velo nach Hause gedüst. Es ist das erste Mal, dass die Nati es in die weiteren Runden der EM geschafft hat, die Spielerinnen sind eskaliert nach dem Match und es war wirklich gute Stimmung. Es ist also doch schön, nimmt Handball trotz meiner Verletzung gerade viel Raum ein bei mir. Ich kann gerade nicht ausdrücken, wie sehr mich der Hype für Frauen im Sport bewegt, und ich möchte auch nicht zu sentimental sein, aber ich glaube, du weisst in etwa, wie es mir damit geht. Vielleicht führen wir das nächstes Jahr, wenn die Fussball-EM in der Schweiz ist, ja noch etwas aus. Teaser für im Sommer also, lol.

 

Hier noch meine Empfehlungen der Woche.

 

Etwas zum Lesen: Sorry, schon wieder eine Fantasy-Empfehlung, weiss nicht, ob du überhaupt Fantasy liest. Ich lese seit einigen Wochen «Throne of Glass» von Sarah J. Maas, aber langsam nimmt es Fahrt auf und ich bin gerade sehr hooked.

 

Etwas zum Glotzen: Du kennst meine Schwäche für Reality TV. Ich schaue gerade «Real Housewives of Salt Lake City» und vielleicht ist es meine liebste Auskopplung der Reihe. Ich meine, Beverly Hills, Atlanta und New York können nicht mithalten mit einer Verhaftung. Legit, ich bin bei der vierten Staffel und eine der Housewives ist jetzt nicht mehr dabei, weil sie im Gefängnis ist. Iconic Shit.

 

Etwas zum Hören: Ich höre gerade vor allem den «Wicked» Soundtrack. Er ist sooooo gut imfall! Ich weiss nicht, ob du das Musical magst, aber die Aufnahmen sind alles Banger. Auch wenn ich den Film noch nicht gesehen habe, ich kann kaum warten! Spezielle Empfehlung sind die Songs «Defying Gravity» und «Dancing Through Life».

 

Etwas zum Essen: Eigenlob, aber mein Zimtzopf, den ich für den Brunch gemacht habe. Schmeckt wie Zimtschnecken, aber ist weniger aufwendig.

 

Eine wilde Woche, aber ich glaube, der Dezember bleibt wild, da so viel los ist. Gibt wenigstens Content oder? ;) Nächstes Mal dann wieder von Dorfausgang, vermutlich noch mehr Handball und Malle-Party. Sei gespannt.

 

Alles Liebe

Michelle

 

 
 
 

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