Liebe Vera
- Michelle Harnisch
- 30. Jan.
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 31. Jan.
Ich hoffe die letzten Tage waren besser als die Woche, von der du in deinem Brief geschrieben hast. Meine Tage sind ein Auf und Ab, was meistens sehr vom Wetter abhängt. Gestern war es zum Beispiel ziemlich warm, ich bin mit dem Velo rumgefahren und es hat sich fast ein bisschen wie Frühling angefühlt. Und als ich heute Morgen aus dem Haus ging, war der Himmel pink, aber ich konnte die Postkartenstimmung nur durch einen kleinen Spalt zwischen zwei Häusern erhaschen. Bei meiner Tramhaltestelle dann konnte ich zwar mehr davon sehen, aber die Farben waren nicht mehr ganz so intensiv (siehe Bild unten). Ich glaube, dass Tage, die pink beginnen, meistens gut werden (auch wenn es den ganzen Tag bewölkt ist).
Ich habe es diese Woche endlich geschafft, einen Termin zu vereinbaren, um meine Füsse neu ausmessen zu lassen. Mit meiner Fussfehlstellung muss ich so Einlagen in den Schuhen tragen, da muss man halt so einen Scan machen, damit sie die Sohle richtig formen können. Normalerweise wechselt man die Einlagen alle ein bis zwei Jahre, wenn man sie (wie ich) täglich trägt. Ich habe meine seit Mai 2020, lol. War also Zeit. Als ich gestern dann mit dem Rezept vom Hausarzt, welches er mir bereits im April 2024 ausgestellt hat, in den Ortho-Schuppen gesteppt bin und dem Bruder erklären musste, dass meine jetzigen Sohlen fünf Jahre alt sind, war mir das schon etwas unangenehm. Aber alles war gut, er war nett, nächste Woche kann ich die neuen Sohlen abholen und bin 400 Stutz leichter. Letztes Mal hat die Krankenkasse nicht drangezahlt, also drück mir die Daumen, dass es dieses Jahr vielleicht klappt (delusional, ich weiss).
Sorry, Füsse sind ein rougher Einstieg in den Brief, aber dieser Termin, den ich jetzt wirklich ewig lange rausgeschoben habe (ich wiederhole: ich hab das Rezept im April 2024 bekommen), war ein grosser Erfolg für mich. Ich versinke gerade wieder etwas in meinem Alltag, habe abgesehen von den zwei Tagen, an denen ich arbeite, und meinen Physioterminen nicht sonderlich viel Struktur und bin wieder vergesslicher und etwas chaotischer als auch schon. Was hilft ist weniger Bildschirmzeit, das Handballtraining, Gym mit meinem Bruder, schreiben, Kaffedates mit dir oder anderen, etc. Ich weiss ja eigentlich, was mir guttut, diese Dinge dann aber wirklich anzuwenden ist nochmal was Anderes.
Was auch guttat in den letzten beiden Wochen, waren klar meine ersten Spiele zurück auf dem Feld. Auch wenn die Pause nur knappe zweieinhalb Monate gedauert hat, hat es sich doch länger angefühlt, und ich hab mich richtig gefreut, meine Samstagnachmittage wieder in einer Halle zu verbringen. Vom ersten Match hast du die zweite Hälfte gesehen (die erste wäre etwas besser gewesen), den haben wir verloren, was zwar vorhersehbar aber trotzdem scheisse war. Wir haben nicht so gut gespielt leider. Den zweiten haben wir dafür gewonnen und ich hab sogar ein paar Tore schiessen können. Wichtig für den Egopush, du weisst. Ich freue mich schon, wieder einmal einen Match von dir schauen zu kommen, wen ihr wieder spielt!
Ich weiss gar nicht so recht, was ich sonst noch so zu berichten habe. Bei mir verlaufen die Tage momentan eher ruhig und etwas ereignislos. Nach dem emotional anstrengenden Dezember ist so ein eher ruhiger Januar aber auch gerade gut. Trotzdem bin ich am Wochenende viel unterwegs, umgebe mich mit Leuten, und auch wenn es immer noch etwas komisch ist, wieder single zu sein, habe ich gerade so viel Zeit wie schon lange nicht mehr, was auch schön sein kann. Ansonsten ist passiert: wieder einmal Dorfausgang, Morgen- und Abendspaziergänge mit dir, Qualitytime (und viele Housewives-Diskussionen) mit meiner Mitbewohnerin, Käffelen mit L. (mit beiden), Zimmer aufräumen, W. in Bern besuchen, To-Do Listen schreiben, zu wenig an meinen Seminararbeiten schreiben. Ich glaube, that’s it. Darum nun noch die Empfehlungen.
Etwas zum Glotzen: Ich bin immer noch in der Reality-TV-Spirale gefangen und komme nicht mehr raus. Gerade schaue ich die siebte Staffel der Real Housewives of New York City. Alles, was diese Frauen machen ist gleichzeitig iconic, aber auch irgendwie besorgniserregend. Sehr viel mehr Alkohol-Eskalationen in dieser Auskopplung als in anderen. Ich finde es auch immer spannend, dass all diese Frauen (in allen Versionen der Reihe) sehr reich sind, sich der Reichtum in den unterschiedlichen Städten/Regionen aber extrem in seinen Äusserungen unterscheidet. In Beverly Hills haben bspw. alle riesige Villen, in New York haben sie dafür Penthouse Wohnungen und ein Haus in den Hampshires. In gewissen Städten würden die Wives nie in Jeans gesehen werden, in anderen tragen sie nur teure Jeans. Die Mode und der Umgang/das Sprechen über Geld und Arbeit ist immer sehr unterschiedlich je nach Gruppe, was irgendwie spannend zu beobachten ist.
Etwas zum Lesen: Ich bin keine grosse Fan vom Titel (für meinen Geschmack sehr schlagwortartig und sehr «kauf mich unbedingt, denn ich habe all diese Worte auf dem Cover!»), aber gerade lese ich A Feminist’s Guide to ADHD. How Women Can Thrive and Find Focus in a World Built for Men von Janina Maschke. Ich bin noch nicht so weit, finde aber, dass sie gute Tipps gibt (besser als in anderen Büchern, die ich schon zum Thema gelesen habe), die ziemlich Alltagsnah und einigermassen realistisch sind. Obwohl ich eine bin, die beim Lesen nicht sonderlich viel Probleme mit Ablenkung hat, merkt man echt, dass ADHSler*innen auch bei der ganzen Gestaltung berücksichtigt wurden, was irgendwie cool ist. Eine Schrift ohne Serifen, die sehr leserlich ist; viele Zwischentitel (die mit Schriftgrössen, Dicke, etc. spielen), wichtige Punkte in so kleinen Boxen zusammengefasst und generell ziemlich kurze Kapitel. Ich vergesse manchmal, dass auch solche Dinge wie Typographie und Gestaltung eine grosse Rolle bezüglich der Zugänglichkeit spielen können, daher finde ich das cool.
Etwas zum Essen: Mein go to Snack momentan für im Büro und in der Bib sind die Apfel-Reiswaffeln aus der Migros oder aus dem Coop. Leider gibt es die nur in der Lilibiggs oder Jamadu Verpackung, daher fülle ich sie immer in ein Tupperware um, wenn ich die mitnehme.
Etwas zum Hören: Du kennst meine Liebe zu catchy Pop, daher diese Woche «God Is A Freak» von Peach PRC.
Wort der Woche: Postkartensonnenaufgang.
So, wieder einmal verspäteter als auch schon (ups), aber here u go. Ich merke, dass ich mich momentan etwas zurücknehme in diesen Briefen, weil ich nicht zu viel über die Trennung und S. und alles rundum teilen möchte. Obwohl ich viel über das alles schreibe, ist das nicht so geeignet zum Posten. Ich hoffe also, du vergibst mir für die seichteren Themen in letzter Zeit. Du willst ja sowieso, dass daraus der nächste grosse Break-Up-Roman entsteht, da ist es sowieso besser, wenn ich nicht zu viel schon veröffentliche ;)
Eine gute Woche dir. Vielleicht nächstes Mal wieder mehr.
Alles Liebe
Michelle

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