top of page

Liebe Vera

  • Michelle Harnisch
  • 13. März
  • 4 Min. Lesezeit

Mein Hauptproblem diese Woche ist, dass ich das Gefühl habe, ich hätte Ferien, obwohl das gar nicht so ist. Ich habe zwar keine Seminare und Vorlesungen, aber ich arbeite zwei Tage in der Bibliothek und zwei Abende im Tapasresti. Eigentlich arbeite ich also sogar mehr als normalerweise, nur die Uni fällt halt weg. Ausserdem war am Sonntag Dorffasnacht und ich schleppe die Müdigkeit immer noch ein bisschen mit mir herum, obwohl ich in der Zwischenzeit sehr viel geschlafen habe.

 

Leider haben wir uns an besagter Fasnacht verpasst, da du eine leichte Gehirnerschütterung vom Rugby hattest und früher nach Hause gegangen bist. Als wir in Liestal waren, warst du vermutlich schon im Bett. Bei mir hingegen hat der Sonntag um 12 Uhr mit Moscato und Pasta angefangen, dann Umzug im Dorf mit Shötli, Bier, etc. Zuhause war ich um halb vier Uhr morgens. Was eine krasse Leistung ist, finde ich, wenn man mittags schon anfängt. Es war alles wie immer. Ich brauchte meine Anlaufzeit, dann war ich lange ein bisschen turnt, dann war ich für eine Weile mega turnt, dann wieder nur noch ein bisschen, dann bin ich nach Hause gegangen. Klassische Spannungskurve halt. Wir sind als Gruppe zuerst durch Sissach, danach durch Liestal gestolpert, haben zu Ballermann-Bravo Hits-DJs mit fragwürdigen Übergängen getanzt (ein Übergang war von «Hey Jude» zu «Mambo No. 5», das war ganz krass), haben lauthals das Lampen-Lied mitgeschrien, zwischendurch Yap-Sessions abgehalten, Crêpes gegessen, Cliquenkeller besucht. Was man eben so macht an der Fasnacht, das weisst du ja. Wie immer wurde vor allem viel geschrien, gelacht, Gossip besprochen, getrunken, getanzt, geraucht. Irgendwann sind wir durchs Fenster der einen Bar geklettert, um nach dem Rauchen wieder reinzukommen. Das war etwas wild und eine Gruppenanstrengung. Aber war alles sehr lustig. Meine erste Single-Fasnacht war also ein Erfolg. Als das «Ich bin solo» Lied irgendwann nach Mitternacht einmal gelaufen ist, haben, wir uns in unserer übrigen Fünfergruppe angesehen und realisiert, dass wir tatsächlich alle solo sind. Das war etwas cursed, aber es hat mir viel gegeben in diesem Moment. Du weisst, dass ich immer viel Energie aus Freund*innenschaften zehre, aber dieses Wochenende habe ich es, glaube ich, ein bisschen mehr gebraucht als normalerweise. Ich erspare dir weitere Details, die hast du sowieso schon bei unserem Spaziergang gestern bekommen.

 

Ansonsten hilft das Wetter auch gerade viel. Also jetzt, als ich das schreibe, regnet es bereits wieder, aber vorher hat die Sonne eine Woche lang geschienen, es war fast immer 15 Grad. Das hat sehr gutgetan. Allen irgendwie. Ich hatte auch in der Uni und beim Arbeiten das Gefühl, dass es vielen einfach guttut. Auch meine Therapeutin meinte, dass alle ihre Patient*innen letzte Woche vom Wetter geschwärmt haben. Mit der Therapie bin ich auch etwas wärmer geworden, ich glaube, das kommt gut. Letzte Woche wurde das erste Mal ein Schema aufgezeichnet, Worte wie «inneres Kind» wurden ausgepackt, das fühlte sich gleich etwas ernster an. Aber eben auch gut.

 

Sonderlich vieles ist sonst nicht passiert. Nächste Woche beginnt bereits die fünfte Semesterwoche und ich muss wirklich schauen, dass ich noch ein bisschen besser in all das reinkomme. Irgendwie hat mein Kopf den Uni-Schalter noch nicht wieder umgelegt. 50% arbeiten und nebendran noch Uni haben ist gar nicht mal so chillig. Ich mache halt mit den Seminararbeiten (jep, die sind immer noch ein Thema) 23 Credits, was gar nicht mal so wenig ist. Ist schon gerade alles viel. Aber kommt hoffentlich noch. Mehr habe ich gar nicht zu erzählen, ich fasse mich diese Woche also kurz und komme gleich zu den Empfehlungen.

 

Etwas zum Glotzen: Ich habe letzte Woche innerhalb von fünf Tagen die drei Staffeln von «Ted Lasso» geguckt und habe gestern noch einmal damit angefangen. Beste Serie, wirklich. Ich musste viel weinen, die Fussballer sind hot (obwohl ich sonst nicht so Fussballfan bin) und die Comedy ist unglaublich gut geschrieben. Ausserdem hat es Männer, die über ihre Gefühle reden, ganz viele Popkultur-Referenzen und Sport. Ich kenne meine Nische, was kann ich sagen?

 

Etwas zum Hören: «Wackelkontakt» von Oimara – besagtes Lampen-Lied eben. Am Sonntag waren viele Leute als Lampen aus den 70ern verkleidet, iconic. Das Lied ist am Sonntag bestimmt mindestens fünf Mal irgendwo gelaufen (vermutlich mehr). Einmal, als wir draussen am Rauchen waren, begann das Lied drinnen zu laufen, eine Freundin hat ihre Zigarette, von der sie erst einen Zug genommen hatte, von sich geschmissen und ist rein gesprintet. Ich war dann die Mitläuferin, habe meine ausgedrückt, wieder in der Tasche deponiert, und bin hinter ihr her gesprintet. Nur um dann den Leuten aus unserer Gruppe den Songtext ins Gesicht zu schreien und auf und ab zu springen. Hat sich gelohnt.

 

Etwas zum Lesen: «Draussen vor der Tür» von Wolfgang Borchert. Ich habe das Buch in der Sek bereits gelesen. Da war ich 14 Jahre alt und meinte, ich muss bereits alle Klassiker kennen. Ich kann mich noch sehr gut an das Theater erinnern, aber in meinem Kopf dachte ich immer, es sei von Brecht und ich erinnerte mich nicht mehr an den Namen. Ich schwöre, alle paar Monate habe ich seither an dieses Stück zurückgedacht und mich gefragt, welches es wohl war, aber ich wusste nicht mehr genügend Einzelheiten, um es wiederzufinden. Ich war mir wirklich sicher, es sei von Brecht, habe meine Gesamtausgabe letztens sogar einmal durchgeschaut und danach gesucht. Letzte Woche haben wir «Draussen vor der Tür» dann in einer Vorlesung besprochen und ich wollte es vorher noch lesen. Turns out, es war nicht Brecht, sondern Borchert und das Rätsel hat sich endlich gelöst. Ein Geist weniger, der mich plagt.

 

Etwas zum Essen: Im Spirit der Fasnacht empfehle ich Berliner Luft Shots. Ich bin dabei immer auf der Kippe, 45% scheisse, 55% geil. Ein Erlebnis halt.

 

So, vielleicht geschieht bei dir mehr, immerhin hast du wirklich Ferien diese Woche. Vom Arbeiten und von der Uni. Gönn ich dir! <3

 

Alles Liebe, Michelle



Pause im Tapasresti fand wieder auf dem Dach statt! <3
Pause im Tapasresti fand wieder auf dem Dach statt! <3

 
 
 

Comments


bottom of page