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Liebe Vera

  • Michelle Harnisch
  • 24. März
  • 7 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 25. März

Diese Woche habe ich zum zweitletzten Mal im Tapasrestaurant gearbeitet, und ich bin froh, ist es bald vorbei. Die Gastro allgemein ist ja sowieso nicht meine Branche, das weiss ich seit bald fünf Jahren (ufff). Aber dieses spezifische Resti hat mich wirklich immer wieder an den Rand eines Nervenzusammenbruchs gebracht. Darum zum Anfang eine Liste mit Dingen, die ich nicht vermissen werde:


  1. Um Mitternacht nach Hause kommen und nach Fritteuse stinken

  2. Den Arbeitsplan für den Monat am dritten Tag des Monats bekommen

  3. Mit Leuten arbeiten, die sich die ganze Zeit über junge Leute und all die faulen Studis beschweren (kenn dein Publikum, Bro)

  4. Am Freitagabend (am Wochenende generell) arbeiten müssen

  5. Pro Abend mit 80 Leuten interagieren, obwohl die soziale Batterie bei maximal 5% liegt

  6. Sich bei Leuten entschuldigen müssen, obwohl man nichts falsch gemacht hat


Punkt 6 ist das, was ich am wenigsten vermissen werde. Letzten Sommer zum Beispiel haben 4 Gästinnen etwas Falsches bestellt (wir hatten 3 Augen-/Ohrenzeuginnen im Team). Es gibt so ein zusammengestelltes Menü für Gruppen, ich hab ihnen erklärt, was alles dabei ist, sie haben es bestellt und waren dann nicht zufrieden mit der Auswahl. Obwohl ich ihnen aufgezählt hatte, was dabei ist. Sie haben mir dann vorgeworfen, ich hätte ihnen falsche Dinge aufgezählt, der Ausdruck «ins Gesicht gelogen» fiel. Statt sich aber bei mir zu melden, fragten sie meine Mitarbeiterin, ob sie mit dem Chef sprechen können. Bei ihm haben sie dann gerätscht, eben gesagt, dass ich ihnen «ins Gesicht gelogen» hätte. Er kam dann zu mir und meinte: «Ich weiss, das war ihr Fehler und nicht deiner, aber du musst dich bei ihnen entschuldigen.» Diesen Ü50-Ratten ins Gesicht zu schauen und mich zu entschuldigen, war wohl etwas vom Demütigendsten, was ich bisher machen musste. Sie haben dann auf ihre 300 Stutz Rechnung, die sie geviertelt haben, je -.50 Trinkgeld gegeben. Was für Arschlöcher, ehrlich. Ich bin jedenfalls nie wütender vom Arbeiten nach Hause gekommen. Mein Ego kann solche Momente überhaupt nicht handeln, kann ich dir sagen. Vielleicht kannst du ja mitfühlen, immerhin hast du auch immer wieder im Service gearbeitet.


Etwas versöhnlicher doch noch die Dinge, die ich zumindest ein bisschen vermissen werde:


  1. Die gratis Spanisch-Voci-Übungen in der Küche

  2. Dieser eine Tisch pro Abend, der mega nett ist

  3. Natürlich die gratis Tapas

  4. Immer Bargeld dabei haben wegen des Trinkgelds


Ich musste länger überlegen für die zweite Liste, die erste überwiegt also sehr deutlich. Aber jetzt nur noch einmal arbeiten nächsten Freitag, juhui! Ich hoffe, dass wir beide bald an dem Punkt sind, an dem wir nie mehr im Service arbeiten müssen, aber ist vielleicht ein bisschen utopisch.


Meine Woche und vor allem das Wochenende war wieder einmal sehr durchgetaktet. Ich freue mich jetzt auch ein bisschen aufs Saisonende im Handball, für etwas Durchschnaufen an den kommenden Wochenenden. Ist zwar vermutlich etwas delulu, da ich meine freien Tage auch so immer vollstopfe. Als Beispiel mein Programm der letzten drei Tage:


Am Freitagabend habe ich eben gearbeitet und weil die anderen beiden, die mit mir eingeteilt waren, am Samstag auch arbeiten mussten, habe ich fertiggemacht. Der letzte Tisch (3 Männer, ca. 45 bis 55 Jahre alt) hat zwar um zehn vor elf gezahlt, ist aber erst um viertel vor zwölf gegangen. Obwohl ich ihnen mehrmals gesagt habe «Aso EIGENTLICH machemer am 11ii zue.» Mein Chef meint aber, man darf die Leute erst ab 12 Uhr  wirklich rausschmeissen. Ich habe auch gehört, dass sie mehrmals lachend sagten: «Oh nei, die Armi muess nur wege eus no bliie, die will sicher Fürobe mache.» No Shit. Ich war dann erst um eins zu Hause, musste noch duschen und war um halb zwei im Bett.


Am Samstag bin ich dann bereits um halb acht aufgewacht, obwohl mein Wecker erst um zehn gegangen wäre (ehrenlos von meinem Körper, wirklich). Ich war dann wie unsere ganze Freund*innengruppe bei der Buchvernissage von unserer Freundin, die gerade zwei (!!!) Bilderbücher veröffentlicht hat in den letzten zwei Wochen. Falls wer noch Kindergeschenke braucht: «Zuhause auf der Klippe» von Magali Franov und «Herschel der Gespensterhund» von Thomas Meyer und Magali Franov. Die Vernissage war mega herzig, mega schön und ich hab sogar noch meinen alten Deutschlehrer aus dem Gymi getroffen. Du weisst, wie gross meine Schwäche für den Herrn ist, daher fand ich es sehr schön, ihn wieder einmal zu sehen. Er ist leidenschaftlicher Linguist, hat sich aber trotzdem gefreut, dass ich zumindest bei der Literatur geblieben bin. Er hat mir sehr ausführlich und sehr gehypt von seinen aktuellen Forschungsprojekten erzählt, was wirklich herzig war. Er hat mir am Ende noch eine Broschüre eines Projekts mitgegeben und ich habe wieder gemerkt, dass sein Elan mich immer noch ansteckt. War wohl mit ein Grund, warum ich ihn im Gymi so sehr mochte.


Am Nachmittag hatten wir dann einen Handballmatch. Die Ausgangslage am Samstag vor dem Spiel war folgende: wir sind auf Platz 4, wollen aber auf Platz 3. Dafür müssen wir in den nächsten zwei Spielen 40 Tore Plus machen, denn es wird von der Tordifferenz abhängig sein, wo wir in der Tabelle landen. Unser Ziel war es daher, diese Woche schon vieles wettzumachen und mit 30 Toren zu gewinnen, was wir leider nicht geschafft haben. Obwohl es in der Pause 18:4 stand, liessen wir dann in der zweiten Halbzeit etwas nach und gewannen am Ende "nur" mit 36:15. Heisst, wir müssen beim letzten Spiel (nächsten Samstag) mit 20 Toren gewinnen. Mal schauen. Ist utopisch, aber nicht unmöglich. Die Stimmung nach dem Match war dann etwas komisch, fand ich. Logisch waren wir nicht zufrieden, denn wir haben unser Ziel nicht erreicht. Und wenn man sich etwas vornimmt und es nicht klappt, darf man natürlich auch enttäuscht sein. Der Fokus lag dann aber trotzdem vor allem auf dem Negativen, was etwas schade war. Denn wir haben immer noch mit 21 Toren gewonnen, was schon auch gut ist. Geholfen hat, dass A. und E. zuschauen gekommen sind und richtig Hype waren, das hat meine Stimmung ein bisschen gehoben. Ich konnte mich dann auch besser über meine drei Tore freuen.


Wir sind danach wieder einmal in den Dorfausgang. Ganz normal wie immer mit meiner ganzen Sporttasche dabei (voll mit verschwitzten Kleidern und einem nassen Badetuch, geil), weil ich zwischen Match und Ausgang nicht nach Hause gegangen bin. Zuerst Pizza bei einer Freundin zuhause, dann Bar, dann nächste Bar, dann Club. Es wurde wieder einmal eine etwas übertriebene Menge an Wodka Lemon konsumiert, viel geyappt (viel übers Handball, aber nicht nur), viel geschrien. In allen drei Lokalen eigentlich. Die erste Bar war ziemlich voll, die zweite so halb, der Club war leer. Trotzdem blieben wir dort, bis das Licht angestellt wurde, was dieses Mal peinlicher war als andere Male, da nur noch unsere Vierergruppe und ein einziger anderer Bre im Club waren. Das war um viertel nach drei. Obwohl wir vom ÖV abhängigen uns eigentlich vorgenommen hatten, um 1.55 Uhr auf den Zug zu gehen. Danach waren nämlich wieder einmal die Ersatzbusse unterwegs, weil die Nachtzüge aufgrund von Bauarbeiten momentan am Wochenende nicht fahren. Wir befanden das dann aber als «zu früh», nahmen auch nicht die nächste Verbindung, sondern die übernächste. 3.43 Uhr fuhr unser Bus, um fünf Uhr war ich zuhause. Wie ehrenlos, wirklich. Auf dem Heimeweg vom Bus zur Wohnung ist mir ein Jogger mit seinem Hund entgegen gekommen und ich habe kurz vieles hinterfragt. Aufgewacht bin ich am nächsten (naja, am gleichen) Morgen bereits um halb zehn, weil mein Körper mir offensichtlich auch am Sonntag nichts gönnen wollte. Du kannst dir also vorstellen, wie mein Müdigkeitslevel nach diesem Wochenende so ist.


Am Sonntag dann konnte ich auch nicht so chillen. Ich musste noch Brownies backen und kam etwas in den Stress, weil nachmittags noch ein Match vom anderen Damenteam war mit anschliessendem Apéro. Es hören gleich ein paar gleichzeitig auf oder machen eine Handballpause, daher wollte ich das schon nicht verpassen. Zwei Mal hintereinander so viel Zeit in einer Turnhalle zu verbringen an einem sonnigen Wochenende wie diesem war aber schon auch etwas rough. Immerhin hab ich den Spaziergang aufs Blumenfeld mit dir noch reingequetsch. Das war zwar ein weiterer Programmpunkt, aber einer, der wirklich gut getan hat. Abends habe ich dann noch über eine Stunde mit L. telefoniert, die gerade in Palermo ist, und das hat sehr ebenfalls gutgetan.


Was diese Woche auch noch passiert ist, was ich unbedingt erwähnen muss: das neue «Hungergames» Prequel ist erschienen und ich habe es an einem Tag gelesen. Am Donnerstag bin ich mittags in den Buchladen gesteppt (ich hatte noch einen Gutschein, slay), habe mir fest vorgenommen, am Nachmittag nichts für die Uni zu machen und habe daheim gleich zu lesen begonnen. Zeitgleich mit meiner Mitbewohnerin, was wirklich eine sehr tolle Leseerfahrung war. Wir beide in unseren Zimmern, und immer wieder hat eine von uns rübergeschrien, weil etwas passiert ist. «Oh mein Gott, bisch scho dört?» «What the fuck, was mach dä do?» «Es isch sooooo guet, ich bin so Hype!» War wirklich sehr iconic. Ich musste dann unterbrechen fürs Training, aber als ich nach Hause gekommen bin, hab ich nochmals bis um halb zwei gelesen. Ich hab schon lange nicht mehr so viel an einem Tag gelesen und ein Buch so durchgebingt. Das ganze Buch erinnert mich so sehr ans erste der OG Trilogie (logisch) und ich hab mich ein bisschen gefühlt wie mit zwölf. Auch nachts noch zu lesen, weil man das Gefühl hat, bald fertig zu sein und sowieso nicht aufhören zu können, hat mich sehr fest an meine Schulzeit erinnert. Das Einzige, was gefehlt hat, ist, dass mein Mami kontrolliert, ob ich noch wach bin und ich ganz schnell das Buch unter der Decke verstecken und das Licht ausschalten muss. Darum:


Etwas zum Lesen: «Sunrise on the Reaping» von Suzanne Collins. Absoluter Banger.


Etwas zum Glotzen: Ich habe nicht so viel geglotzt in letzter Zeit. «Drag Race» Staffel 17 läuft immer noch jeden Freitag, da bin ich sauber up to date, und ich schaue «Ted Lasso» gerade zum zweiten Mal. Dieses Mal langsamer. Ich find’s immer noch sehr gut.


Etwas zum Hören: «Kein Wort» von Loredana und Juju. Mein Aufhype-Lied Nummer Eins seit Release vor fünf Jahren. Diese Woche wieder einmal oft gehört.


Etwas zum Essen: Nach dem Match am Samstag haben wir Pizza bestellt und ich habe mich an eine Pizza Rösti gewagt. Klingt enorm ranzig, war aber leider geil.


Wort der Woche: Verkehrsersatzbus


Das war’s! Wünsch mir Glück beim Schlaf aufholen für die Woche und geniess die warmen Temperaturen (trotz Regen).


Alles Liebe

Michelle



Pinke Tulpen!!!
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