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Liebe Vera

  • Michelle Harnisch
  • vor 1 Tag
  • 5 Min. Lesezeit

Ich weiss wieder einmal nicht so richtig, was ich diese Woche schreiben soll. Den Brief, den ich dir am Dienstag schon geschickt habe, ist nicht zum Posten geeignet, lol. Als ich den geschrieben habe, war ich gerade in meiner Spirale. Aber dem Brief folgte ja dann ein abendlicher Besuch bei dir (danke tuusig nomol, würkli), ein Abendessen mit meiner Mitbewohnerin und ein Telefongespräch mit L. und ein Telefongespräch mit B. Ich habe meine Anlaufstellen diese Woche beansprucht, kann man sagen.

 

Diese Woche habe ich zum ersten Mal in Therapie geweint. Weil ich alles auflisten sollte, was mich momentan stresst. Ist doch eine ganze Menge. Darum kann ich gerade mitfühlen mit deinem Stressgefühl in der schlaflosen Nacht von Sonntag auf Montag. Mein Stress wirkt sich zum Glück meistens nicht so krass auf meinen Schlaf aus. Ich bin, glaube ich, einfach den ganzen Tag so unter Strom, dass ich abends dann so kaputt bin, dass es einfach klappt. Immerhin etwas also. Atemübungen mache ich auch. 4-7-8 mag ich nicht so, aber ich fahre mit dem Finger der rechten Hand den Fingern der linken Hand entlang. Immer wenn ich eine Bewegung zur Fingerspitze hin mache, atme ich aus, beim Zurückfahren atme ich aus. Auch langsam und bewusst. Das klappt gut.

 

Meine Therapeutin meinte, ich soll mich auf die kleinen Inseln im Alltag fokussieren. Auch wenn die «Alltagsbewältigung» (ihr Lieblingswort) gerade nicht so einfach ist, gibt es doch viele Dinge, die helfen. Ich musste dann eine Liste mit guten Dingen machen, die wichtigen und weniger wichtigen. Darum widme ich diesen Brief jetzt diesen Inseln in Listenform. Ich liebe Listen ja. Keine spezifische Reihenfolge.

 

 

  • Mate als Gönnung in der Vorlesung, auch wenn ich mich nicht konzentrieren kann und etwas anderes mache. Überhaupt Hingehen verbuche ich momentan als Erfolg, alles weitere ist ein zusätzliches Plus.

  • Die Gespräche mit meiner Mitbewohnerin am Küchentisch, auf dem Balkon. P. und ich sehen uns wieder mehr als auch schon, jetzt, wo sie nicht mehr arbeitet und wir wieder zusammen studieren. Natürlich bin ich auch einfach mehr zuhause, seit ich nicht mehr in einer Beziehung bin. Aber ich schätze es, wieder mehr Zeit mit ihr zu haben.

  • Ein gutes Buch. Ich höre wieder vermehrt Hörbücher, um nicht immer nur Youtube Videos zu glotzen. Hörbücher sind bei mir immer sehr phasenweise ein Ding, aber gerade habe ich wieder viele Geschichten in den Ohren.

  • Eiskaffee, für den es jetzt wieder genügend warm ist. Unsere WG-Gfrieri ist immer ausgestattet mit vollen Eiswürfelformen. Eis macht fast jedes Getränk einfach besser. Dann noch mit einem Röhrli trinken. 10/10.

  • Alle meine abgeschlossenen oder neu angefangenen Strickprojekte. Diese Woche habe ich eine kurze Hose, die ich letztes Jahr einmal angefangen habe, fertiggestrickt und sie ist ein Slay. Ich habe letztes Jahr ein passendes Oberteil dazu gemacht. Beides ist so petrolblau mit pinken und grünen Streifen. In Kombination sieht es ein bisschen sehr nach Pyjama aus. Mal schauen, ob ich mich im Sommer an das Outfit wage.

  • Letzte Woche hatte ich meine letzte Schicht im Tapasrestaurant. Vorher habe ich mich mit S. und L. zu Matcha und Zigaretten auf L.s Dachterrasse getroffen, um mich einzustimmen und diesen Abschluss gebührend zu zelebrieren. Noch schöner war es dann, als sie während meiner Pause vorbeigekommen sind, um etwas zu trinken, und wir, als ich fertig war, noch in einer Bar darauf anstossen konnten. Anschliessend Vegi-Nuggets bei L. in der WG. Guter Abschluss also.

  • Den pinken Eyeliner von Maybelline, den ich vor zwei Wochen gekauft habe. Wertet (meiner Meinung nach) die meisten Outfits auf, ich mag ihn sehr!

  • Wir hatten unseren letzten Handball-Match der Saison. Wir sind immer noch auf dem vierten Platz, aber das ist okay. Keine schlechte Platzierung, finde ich. Vor allem, wenn man bedenkt, dass der dritte Platz gleich viele Punkte hat (aber besseres Torverhältnis) und die zwei ersten nur zwei Punkte mehr. Fühlt sich also trotzdem gut an. Während des Spiels hatten wir Spass, haben 19:27 gewonnen, meine Eltern und auch du sind zuschauen gekommen. Da konnte ich für einen Moment abschalten.


  • Am Samstag war ich zum ersten Mal beim Fröschlihandballtraining aushelfen. Mit 4- bis 8-Jährigen (Soft-)Handball spielen war echt mega herzig. Auch wenn ich mich wieder ein bisschen an Kindergruppen gewöhnen muss. Der Lärmpegel in der Pfadi war meistens nicht ganz so krass, weil wir immer draussen waren, aber in so einer Turnhalle ist das noch einmal ein anderes Level. Aber echt mega cute, ich freue mich aufs nächste Mal.

      

  • Zmittag mit dir auf dem FHNW-Campus. In der Sonne liegen und ein Glace essen, weil es so warm ist. Hype, hype, hype für den Frühling, den ich langsam sehr spüre. Und dieses Wochenende war es 20 Grad, wie geil!


  • Ich habe Ferien mit Freundinnen gebucht über Auffahrt. Und obwohl ich zuerst im Clinch war, ob ich die Solothurner Literaturtage wirklich verpassen sollte, bin ich froh, haben wir gebucht, und kann ich ohne schlechtes Gewissen nicht nach Solothurn gehen. Ist ja eigentlich nicht so wichtig, da ich ja momentan eh nicht in der Branche arbeite, aber ich war mir trotzdem lange unsicher.


  • Fast jeden Tag eine Yap-Session mit meinem Bruder am Telefon. Tut auch gerade sehr gut, einfach über unnötiges Zeugs zu reden. Auch seine Redeschwalle über Fussball ("Bro, dr FCB isch jetzt widr Tabellerste, checksch?!") sind okay, was nicht immer so ist lol.


  • Das neue Instant Iced Matcha Latte Pulver aus der Migros. Genug süss für meine ignorante Art von Matcha-Konsum.


  • Rugbymatch von dir in Zürich. Ihr habt sogar gewonnen, juhui. Handball hat sich beim Zuschauen wieder wie der grösste Memmen-Sport angefühlt lol. Ihr seid wirklich sehr krasse Frauen und ich bewundere dieses Level an Körperkontakt und sich in das alles reingeben. Die beiden Matches, die wir bis jetzt schauen gekommen sind, habt ihr beide gewonnen, und du hast bei beiden einen Try gemacht, vielleicht sollte ich also öfter kommen.


  • Meine Freund*innen ganz allgemein. Die Zeit mit ihnen (du bist da natürlich eingeschlossen), Gespräche und lautes Lachen. Hilft enorm. Das klingt so kitschig, dass ich es zuerst wieder rausgenommen habe, aber ich widerstehe diesem Impuls. Ich kann nicht die grösste Insel einfach so streichen.

 

Hier noch die Kategorien:

 

Etwas zum Lesen: Ich hab diese Woche das dritte Hunger Games fertggelesen (also gehört, viel im Büro und auf dem Velo – alle drei sind auf deutsch auf Spotify, nur als Info). Das letztes Mal erwähnte Prequel «Sunrise on the Reaping» hat mich wieder voll hineingezogen. Die Bücher sind wirklich die besten Jugendbücher ever, davon bin ich nach wie vor überzeugt. Natürlich sind sie mit sehr viel Nostalgie verbunden, doch sie holen mich einfach immer noch ab. Ein Beweis dafür ist, dass ich beim Hörbuch weinen musste. Wenn ich bei einem Hörbuch weine, heisst das etwas. Ich habe auch gemerkt, wie sehr die Reihe und das ganze Genre mein eigenes Schreiben beeinflusst und inspiriert, was auch sehr schön ist.

 

Etwas zum Glotzen: Ich schaue zu viele Make-Up Videos von der Dragqueen Trixie Mattel. Sie macht auch Comedy, darum immer sehr lustig, aber einfach auch sehr beeindruckend. Das Make-Up ist sehr krass und überhaupt nicht alltagsfreundlich oder so, daher schaue ich sie nicht als Tutorials, sondern als pure Unterhaltung. Wirklich sehr cool. Eigentlich jeglicher Content von Trixie Mattel. Love her <3 Das ist ihr Channel: https://www.youtube.com/@trixie

 

Etwas zum Hören: Das neue Lied von HAIM «Everybody’s trying to figure me out».

 

Etwas zum Essen: Oben erwähntes Iced Matcha Latte Pulver aus der Migros (neu von V-Love). Mega süss, aber es hittet den Spot.

 

Wort der Woche: Heute kein Wort, sondern mein Lieblingsgraffiti, an dem ich im Bus manchmal vorbeifahre. Es ist irgendwo in Muttenz an die Lärmschutzwand den Gleisen entlang gesprayt und hat sich mir eingebrannt: Ich hoffe meine Brüder gewinnen ihre Battles, von denen sie mir nichts erzählen. Ich frage mich oft, was für eine Person das dorthin gesprayt hat. Weiss sie wohl, dass sie bei anderen etwas auslöst damit?

 

Das war’s. Ich hoffe fest, wir beide entkommen dem Stress bald. Im besten Fall bereits vor Ende des Semesters. Ich drücke uns die Daumen dabei!

 

Alles Liebe

Michelle



Der Baum vor unserem Balkon blüht gerade so schön, das kommt auch noch auf die Liste <3
Der Baum vor unserem Balkon blüht gerade so schön, das kommt auch noch auf die Liste <3

 
 
 

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